Freitag, 22. Mai 2015

Queretaro und das Expatleben in Mexiko


"Gleich sind wir da", erklärt uns Nico, als sich sein Wagen den fast 45 Grad steilen Berg hinauf quält. Je mehr Höhenmeter wir zurücklegen, desto mehr Lichter tauchen in unserem Rücken auf. Ein gigantischer Ausblick über Queretaro bietet sich uns. Ein Lichtermeer bis fast zum Horizont. Wenige Minuten später, nachdem wir noch ein Eingangstor ins Wohngebiet passiert haben, halten wir vor einer strahlend weißen Architektenvilla. "Herzlich Willkommen in unserem Heim", begrüßt uns Sabine freudig an der Tür. Ja, hier kann man es tatsächlich 3 Jahre aushalten. 
Diese Meinung bestätigt sich uns am nächsten Tag, als wir durch die Altstadt von Queretaro streifen, einer 900.000 Einwohnerstadt, ca. 3 Autostunden nördlich von Mexiko-Stadt. Die Straßen sind sehr sauber, die hübschen Kolonialgebäude ordentlich restauriert und die verschiedenen Marktplätze laden zum Verweilen ein. In einem kleinen Café in einer ruhigen Fußgängerzone essen wir günstig und lecker zu Mittag, während die Sonne vom Himmel strahlt. Das ist tatsächlich eine andere Seite von Mexiko, als wir es bis jetzt kennengelernt haben.

Auch der Markt in der Stadt ist anders. Sauberer, es riecht nicht und er ist deutlich leerer. Wir werden nicht durch die Gänge geschoben oder gedrängt, sondern können ganz in Ruhe umherschlendern. Beim Versuch etwas einzukaufen, merken wir gleich wieder den Unterschied zum restlichen Mexiko. Gefeilscht werden funktioniert hier nicht. Alles hat einen festen Preis. Dabei ist das doch fast der spannendste Teil am Einkauf. Obwohl der Preis ok ist, lassen wir es dann doch liegen. Wir sind irritiert.

Mit dem Auto brauchen wir gute 20 Minuten zurück ins Wohngebiet. Zum Glück haben die beiden jeweils ein Auto. Anders würde es nicht funktionieren. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es tatsächlich nur sehr schwer zu erreichen. Den steilen Berg muss man zu Fuß erklimmen. "An das Autofahren mussten wir uns erstmal gewöhnen", erzählt uns Sabine. "Regeln gibt es so gut wie keine. Oder wenn es welche gibt, dann nur um gebrochen zu werden. Außerdem sind die meisten Straßen Einbahnstraßen. Das macht es zu Beginn sehr kompliziert, weil man genau weiß wo etwas liegt, aber nicht, wie man hinkommt." Gekonnt lenkt sie ihren SUV durch den dichten Verkehr. Wir lehnen uns entspannt zurück und genießen den Luxus einer Klimaanlage und eines "privaten Chauffeuers". Eine sehr bequeme Art des Reisens.

Im Wohngebiet wieder angekommen erfahren wir von Sabine, dass außer den beiden vor allem die reiche mexikanische Mittelschicht, in solchen abgeschlossenen Anlagen wohnt. "Für die Kinder ist das wie im goldenen Käfig. Die 5 Minuten in die Schule, werden sie mit dem Auto gefahren und auch sonst dürfen sie nur in Begleitung hinaus, aus Angst vor Entführungen." Etwas wehmütig denken wir an unsere Kindheit zurück. Wie wir mit Freunden draußen umher steiften, in Wäldern Höhlen bauten oder auf der Straße Ball spielten. 

Drei Jahre ist Nico als Expat in Queretaro. Aktuell ist ungefähr Halbzeit. Das ca. 300qm Haus ist eines der kleinsten, die zur Auswahl standen und den Kriterien der Firma entsprachen. Dazu gibt es auch eine Putzfrau und einen Gärtner. An solche Annehmlichkeiten kann man sich schnell gewöhnen, wie wir aus eigener Erfahrung aus Shanghai wissen. Aber obwohl das Haus keine 5 Jahre alt ist, gibt es ständig Probleme. In der Regenzeit drückt das Wasser zu allen Ritzen hinein. Die Holztüren sind bereits so morsch, das eine der Terassentüren vor zwei Wochen komplett aus der Verankerung gekracht ist. Die Bauweise ist einfach nicht nachhaltig. Vieles sieht nur oberflächlich gut aus. Haustiere sind neben dem Hund Bobby regelmäßig Skorpione und schwarze Wittwen. Wir sehen in den 10 Tagen zum Glück keines der beiden.

Wenn Nico abends vom Geschäft heimkommt, weiß er allerlei Kurioses aus der Zusammenarbeit mit Mexikanern zu berichten. Danach wundern uns so Probleme wie mit dem Haus überhaupt nicht mehr. Dazu eine nette, sehr anschauliche Anekdote: Bei Nico in der Firma gibt es Notduschen, die regelmäßig geprüft werden müssen. Ein mexikanischer Mitarbeiter, dem diese Aufgabe unterliegt, trägt nach der Prüfung in ein entsprechendes Formular sein Servus ein. Zufällig stellt ein deutscher Praktikant fest, dass eine der Duschen nicht funktionsfähig ist, obwohl der Mitarbeit im Formular entsprechend unterschrieben hat. Nach Nachfrage erklärt dieser, ja er wisse, dass diese Dusche seit vier Wochen nicht mehr funktioniert. Das habe er ja geprüft. Es habe ihm aber keiner erklärt, dass er in einem solchen Fall das melden müsse.. 

"Für drei Jahre, ist das eine tolle Erfahrung und spannende Zeit", sind Sabine und Nico sich einig. Aber für immer hier bleiben, das wäre nichts für uns." Wir können es gut nachvollziehen und sind auch wieder bereit für neue Abenteuer. Dafür in völlig überfüllten Bussen uns mit drei Mexikanern einen Sitzplatz für zwei zu teilen. Dafür mitten im Nirgendwo in eine Polizeikontrolle zu geraten, in der alle Männer aussteigen und mit den Händen auf dem Bus sich durchsuchen lassen müssen. Dafür in irgendeinem Hostel schnarchende Zimmergenossen zu verfluchen. Dafür noch keine Idee zu haben wo man die nächste Nacht schlafen wird.

An dieser Stelle noch einmal riesiges Dankeschön an Sabine und Nico für die wunderbare Unterkunft, die spannenden Ausflüge, den interessanten Einblick ins Expatleben in Mexiko, das leckere Schweizer Brot und die schönen Abende mit den unterschiedlichsten Tequillas. Wir freuen uns auf Euch nächsten Sommer!


Saubere Plätze..

..und schöne Kirchen 

Tolle Graffiti-Kunst 

Queretaro bei Nacht 

Leckerer Sonntagsbrunch 

Garten mit Kakteen 

Sonnenuntergang von der Terasse 

Blick übers Lichtermeer der Stadt

3 Kommentare:

  1. Hallo ihr zwei,
    ich habe soeben einen ziemlich langen Kommentar geschrieben, aber er ist leider verschwunden.

    AntwortenLöschen
  2. Jetzt scheint`s geklappt zu haben. Juhu!

    AntwortenLöschen
  3. Schade um den Kommentar Ursel. Aber jetzt funktioniert es ja. Top!

    AntwortenLöschen