Sonntag, 19. Juli 2015

Die Steinskulpturen von San Agustin


San Agustin ist die bekannteste archäologische Fundstätte in Kolumbien. Ein Muss laut jedem Reiseführer. Steinskulpturen von knie- bis deutlich über mannshoch wurden hier als Grabbeigaben gefunden, ausgegraben und in Reih und Glied unter Regendächern aufgestellt. Wäre die Landschaft außenrum nicht so schön, wäre San Agustin für uns allerdings enttäuschend gewesen.

Die Stadt selbst ist relativ hässlich: dreckig, laut, mit Abgasen verseucht, grau und unscheinbar. Unser Hostel Casa de Nelly mit dem Manager Harry (der in Köln aufgewachsen ist) reißt einiges wieder raus. Ca. 20 Fußminuten außerhalb der Stadt liegt es auf einer Anhöhe mit traumhaftem Garten. Ab dem ersten Moment fühlt man sich wie zuhause. Leider liegt San Agustin aber auf 1.700m. In der Nacht wird es empfindlich kühl, zumal die Häuser alle nicht für solche Temperaturen ausgelegt sind. Wobei es die Einheimischen auch nicht zu stören scheint. Mit offener Haustüre und offenem Fenster sitzen sie vor dem Fernseher und schauen die neuste Sitcom an. Ich dagegen ziehe alles an was ich habe und krieche unter die dicke Wolldecke. Die Klamotten sind bereits völlig klamm. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir gerade wohl in der Regenzeit sind. Dennoch verlängern wir unseren Aufenthalt auf 4 Nächte. Nach so viel Herumgereise brauchen wir endlich mal wieder etwas mehr Zeit an einem Ort.

So verbringen wir den ersten Tag in den Hängematten von Casa de Nelly und auf dem großen Markt, auf dem wir uns wieder mit allerlei Obst und Gemüse eindecken. Am kommenden Tag wollen wir aber endlich die berühmten Steinskulpturen sehen und laufen zum archäologischen Park, in dem die meisten Skulpturen ausgestellt sind. Nach wenigen Meter gesellen sich drei Hunde zu uns, wovon einer uns tatsächlich den gesamten Tag begleiten wird. Aus einem mir unerfindlichen Grund haben es die Tiere auf dieser Reise auf mich abgesehen. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst recht wenig für sie übrig habe? Während andere Reisende jeden Straßenhund streicheln, versuche ich einen großen Bogen um sie zu machen. Dennoch laufen sie mir hinterher oder suchen in Hostels stets meine Nähe.

Der archäologische Park ist recht ernüchternd. Natürlich sind die Skulpturen, meist eine Mischung aus Tier und Mensch mit oft seltsam verzogenen Fratzen, grundsätzlich spannend, aber es gibt mal wieder nur sehr wenig Informationen über deren Geschichte und wie sie da so aufgereiht dastehen, die meisten perfekt rekonstruiert, hat das Ganze wenig Flair. Es wäre deutlich spannender, wenn sie einige so gelassen hätten, wie sie vorgefunden wurden: umgefallen, halb vergraben, mit Wurzeln und Moos überzogen.

Nach ca. 2h sind wir durch und machen uns auf eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall, den Harry uns empfohlen hatte. Der Straßenhund, den ich mittlerweile auf den Namen "Hund" getauft habe, folgt uns weiterhin auf Schritt und Tritt. In San Agustin und Umgebung gibt es so gut wie keinerlei Schilder. Auch nicht zu Hostels oder Sehenswürdigkeiten. Angeblich klauen diese die Guides, um sich ihren Verdienst zu sichern. Wir sind also froh, als wir aufgrund der angefertigen Karte den Wasserfall finden, der versteckt in einem Wäldchen liegt. Obwohl das Wasser bitter kalt ist und auch die Sonne nicht scheint, posen eine Handvoll Jugendlicher für den besten Schnappschuss. Dabei stets die Zigarette im Mund. Belustigt verfolgen wir das Schauspiel. Der Rückweg zieht sich ewig und wir fragen mehrmals nach dem richtigen Weg, weil wir befürchten falsch abgebogen zu sein. Nur Hund rennt nach wie vor freudig um uns herum.

In der Gegend gibt es noch einige weitere Sehenswürdigkeiten: Fundstellen, sowie schöne Wasserfälle und die Enge des Rio Magdalena, der sich wie das Rückgrat durch das gesamte Land schlängelt. Diese können per Jeep-Tour, mit dem Pferd oder - laut Harry - auch mit dem Fahrrad erkundet werden. Fahrrad hört sich für uns gut an, zumal wir super Mountainbikes ausleihen können. Am Ende des Tages sind wir uns nicht mehr so sicher wie gut die Idee mit dem Fahrrad tatsächlich war. Zu den Fundstellen müssen wir durch knöchelhohen Matsch - die Pferde machen den Weg komplett kaputt - stampfen. Anschließend geht es auf Schotterpisten, die nur aus Schlaglöchern bestehen, knapp 70km ca. 1500hm stets bergauf und bergab. Völlig fertig und mit schmerzendem Hintern erreichen wir nach guten 8h wieder unser Hostel. Anschließend erfahren wir, dass Harry selbst die Tour so noch nie gefahren ist.


San Agustin ist für uns tatsächlich keine Reise wert. Wer allerdings sowieso daran vorbei fährt, sollte einen kurzen Zwischenstop einplanen. Wer die Natur liebt und Herausforderungen in den Bergen sucht, der kann seinen Aufenthalt auch gut einige Tage verlängern, denn hier kann man gut auf einige Faust losziehen.

Marktplatz in San Agustin - Pferdewagen dienen als Transportmittel 

Unser Zimmer/Häuschen im Casa de Nelly 

Im archäologischen Park unterwegs 


Die Skulpturen sind alle überdacht und so vor Regen und Sonne geschützt




Unser neuer Freund "Hund"

Fußballplatz und Pferdeweide - Land vielfältige einsetzbar 

Hund und ich bewundern den Wasserfall 

Jugendliche posen mit Zigaretten vor dem  Wasserfall 

Hütte mit Lehmwänden ist keine Seltenheit 

Schulkinder auf dem Heimweg 


Matschige Mountainbikes 

Die Enge des wichtigsten Flusses in Kolumbien, Magdalena 

An "la Estrecho del Magdalena"


Einer der vielen Wasserfälle in der Umgebung (Cascada Mortino)

Da geht es einige Meter tief in die Schlucht 

Glückliche aber müde am Ende der Radtour 

1 Kommentar:

  1. Ich denke, Hunde wissen, dass Frauen ein mildes Herz haben. Er hat sehr wach und intelligent aussehende Augen.....

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