Sonntag, 26. Juli 2015

Kolumbien - the only risk is wanting to stay


"Kolumbien ist uns zu gefährlich, das lassen wir aus und fliegen von Panama direkt nach Ecuador. Über die Landgrenze kann man ja sowieso nicht und Sicherheit geht vor", erzählten wir noch unseren besorgten Eltern und Freunden vor unserer großen Reise. Warum es uns letztendlich aber doch fast 5 Wochen in das Land - das aus deutscher Sicht von Gewalt, Drogen und Korruption beherrscht wird - verschlagen hat und was uns dort am besten gefallen hat, haben wir zusammengefasst:

Auf der Reise von Mexiko nach Süden trifft man auf allerlei andere Traveller, die aus der Gegenrichtung kommen oder schon einmal früher die verschiedenen Länder in Mittel- und Südamerika bereist haben. Bei der Frage nach dem schönsten und eindruckvollsten Land war die einstimmige Meinung: Kolumbien.

Schon im Vorfeld der Reise versuchte Thomas Kollege Christian eine Lanze für das Land zu brechen und hat ihm allerlei gute Tipps mit auf den Weg gegeben. Nach einiger Diskussion, viel Recherche und schließlich Umplanen der Route haben wir uns dazu entschieden nach Kolumbien zu reisen und dem gelungenen Slogan des Tourismusverbandes auf den Grund zu gehen: Columbia - the only risk is wanting to stay (=Kolumbien - die einzige Gefahr besteht darin, bleiben zu wollen).

Und tatsächlich können wir nun im Nachhinein berichten, dass Kolumbien alles bietet was ein überragendes Reiseland braucht: Hübsche Sandstrände, zwei verschiedene Ozeane, dichter Dschungel, große Städte, hohe Berge, tiefe Schluchten, hübsche Dörfer und sogar Wüste. Dabei ist das Land noch sehr ursprünglich, die Leute offen und freundlich gegenüber Fremden und das Reisen günstig. Wir haben uns in den fünf Wochen nie unsicher gefühlt, wurden nicht bestohlen (mein Reisehandtuch im Hostel sei hier zu vernachlässigen) oder gar bedroht. Wir können Kolumbien allen interessierten Reisenden nur ans Herz legen. Uns hat es super gefallen, wir wurden überall freundlich empfangen und wir unterschreiben den Slogan "the only risk is wanting to stay" gerne.


Unsere Highlights in den 5 Wochen waren:

1. Skurile Erdformationen in der Tatacoa-Wüste
Rote Erde, geformt von Regen und Wind, leuchtet in skurrilen Formationen in der Sonne. Es ist heiß. Gute 40 Grad herrschen hier in der Halbwüste um die Mittagszeit. Nur wenige Touristen sind dann zwischen den Hügeln unterwegs. Diese seltsame Landschaft sowie die Milliarden Sterne in der Nacht, etwas abseits von den Haupttourismusstrecken ist wirklich sehenswert.





2. Traumhafter Ausblick von La Piedra und buntes Guatape
Ein Tagesausflug von der Millionenstadt Medellin entfernt liegt ein beeindruckender Stausee mit dutzenden von kleinen, tiefgrünen Inseln. Mittendrin ragt ein riesiger Fels empor: La Penol. Über gut 700 Stufen geht es bis zur Aussichtsplattform nach oben, von der man einen sagenhaften Blick hat. Nur 5 Minuten entfernt liegt das bunte Städtchen Guatape, in dem man gut und günstig zu Mittag essen kann.





3. Riesige Wachspalmen im Valle de Cocora
Wir legen den Kopf weit in den Nacken und starren Richtung Himmel. Ganz oben, 50 Meter entfert, können wir die Krone der riesigen Wachspalmen ausmachen. Ein schmales Tal in der Nähe von Salentos ist Heimat dieser seltenen Palmenart. Auf einem schönen Wanderpfad kann man diese sowie die Umgebung und Kolibris bewundern.





4. Die beeindruckende Kirche Las Lajas
An der Grenze nach Ecuador steht eine der beeindruckensten Kirchen unserer Reise. In einer tiefen Schlucht thront Las Lajas majestätisch. Sowohl nachts als auch bei Tag ein toller Anblick. Diesen kleinen Abstecher sollte man sich gönnen.





5. Die Stadt des ewigen Frühlings Medellin
Ehemals eine der gefährlichsten Städte der Welt, ist Medellin heute stark im Wandel. Mit einem sehr angenehmen Klima empfängt einen die Millionenstadt. Die Ausblicke von den neuen Seilbahnen in den Stadtkessel sind atemberaubend. Aber man muss sich bewusst sein, dass die Namen Escobar und Boltero den gesamten Aufenthalt über um einen herum schwirren.





6. Sich wie zuhause fühlen im Casa de Nelly in San Agustin
In ein Hostel eintreten und sich sofort wie zuhause fühlen. Das kommt tatsächlich nicht so oft vor. Und dann auch noch das Zimmer sehen und sich verlieben, so gut wie nie. Im Casa de Nelly in San Agustin hat tatsächlich alles gepasst. Außer vielleicht das etwas nasskalte Klima abends und nachts. Dennoch, unsere absolute Empfehlung, auch wenn es ca. 20 Gehminuten außerhalb liegt.





7. Der explosive Kneipensport Tejo
In Salento und Umgebung gibt es einen sehr beliebten Kneipensport: Tejo. Es werden Metalldiskusse auf einen Metallring geworfen, auf dem kleine Päckchen gefüllt mit Schießpulver liegen. Wenn man trifft gibt es Punkte, aber viel besser noch: eine Explosion. Unserer Meinung nach ein tolles Spiel, das unbedingt auch in Stuttgart Einzug in den Kneipen erhalten sollte.





8. Dörfer in denen die Zeit stillzustehen scheint: Barichara und Guane
Gleich in der Nähe des Outdoorparadies San Gil liegen zwei wunderschöne Dörfer, die schon öfters als Filmkulisse herhalten durften: Barichara und Guane. Weiß getünchte Häuser mit roten Ziegeldächern. Kopfsteinpflaster und schmucke alte Kirchen runden das Bild ab. Ein ca. 5km langer Wanderweg verbindet die Städtchen miteinander. Wirklich romantisch.





9. Die rauhe Naturschönheit des Nationalparks Tayrona
Wahrscheinlich der bekannteste Nationalpark von Kolumbien ist Tayrona an der Atlantikküste. Rauhes Meer, glattgewaschene Steine und Dschungel bestimmen hier das Bild. Ein Sprung ins kühle Nass ist eine willkommende Erfrischung. Auf den Wanderwegen durch den Dschungel kann man Affen beobachten, die in den Bäumen Siesta machen.





10. Menu del Dia und frischgepresster Obstsaft
Gut und günstig  - für ca. 2,50 EUR - essen und trinken kann man in Kolumbien an fast jeder Ecke. Menu del Dia besteht meist aus einer Suppe, Reis mit Fleisch (Hähnchen, Schwein oder Rind), etwas Salat und eine Kochbanane. Dazu einen leckeren frischgepressten Obstsaft. Den Saft, den wir in Supermärkten schmerzlich vermissen, kann man hier an jeder Straßenecke 0,5l für weniger als 1 EUR kaufen. Lecker!




11. Das Leben auf der Straße
In Kolumbien finden wir endlich das Leben auf der Straße, was wir in Mittelamerika so schmerzlich vermisst haben. Überall erklingt Musik. Die Leute sitzen im Freien. Kinder rennen in Parks umher. Überall wird Straßenessen angeboten. Es ist einfach was los.





Welche Ziele man bei einem knappen Zeitplan unsere Meinung nach getrost auslassen kann:
- Santa Marta, als Ausgangspunkt nach Tayrona kann auch gut ein kleines Küstendorf dienen
- Das Outdoorparadies San Gil, außer man möchte gerne Rafting, Canyoning oder Paragliding machen
- Die Höhlengräber von Tierradentro, allerdings eine schöne Gegend zum Wandern
- Die Steinskulpturen von San Agustin, auch um San Agustin kann man super wandern oder Rad fahren
- Die weiße Stadt Popayan



Auch in Kolumbien hat uns leider manches nicht so gut gefallen:

- Lange anstrengede Busfahrten
Kolumbien ist ein großes, bergiges Land. Die Distanzen sind mitunter riesig, vor allem, da es keine Schnellstraßen oder gar Tunnel gibt. 95% der Wege verlaufen über einspurige Landstraßen, die sich in Serpentinen die Berge hinauf und hinab quälen. Tunnel sind auch so gut wie keine vorhanden. Zusätzlich sind die Straßen oft unbefestigt. So holpert man meist stundenlang die Kurven entlang. Dass vor Fahrtantritt Spucktüten verteilt werden wundert nicht. Zum Glück haben wir diese nicht benötigt. Als Relation für euch: Die Strecke San Agustin nach Popayan, was nur 126km sind, dauert gut mal 4,5h.


- Unerträgliche Hitze in Cartagena und Santa Marta
Nirgendwo sonst habe ich so geschwitzt wie in Cartagena und Santa Marta. Es war so heiß, dass man so gut wie nichts unternehmen konnnte. Bei einem Spaziergang in der Altstadt haben wir jeden Tienda (kleinen Shop) aufgesucht und uns vor die offenen Kühlregale gestellt. Mein Kopf und mein Körper waren Pudding. Heiß ist ja eigentlich schön, aber irgendwo gibt es eine Grenze. Vor allem wenn es eine schwüle, feuchte Hitze ist.


- Bedrohliche Hunde
Hunde sind in armen Ländern generell ein Problem. In Kolumbien allerdings waren es weniger die normalen Straßenhunde die mich manchmal in Panik versetzten. Diese haben nämlich in ihrem Leben meist schon viel Schlimmes durchgemacht. Sobald man einen Schritt bedrohlich auf sie zu macht oder mit dem Arm ausholt, ziehen sie den Schwanz ein. Nein in Kolumbien sind die Wachhunde der Häuser gefährlich. Läuft man an einem Grundstück oder Haus vorbei springen diese sofort auf, fangen an zu bellen und versuchen irgendwie nach draußen zu kommen, um wirklich zu demonstrieren wer hier der Herr ist. Es gab sogar Situationen in denen ich nach einem großen Stein gegriffen habe, den ich auch ohne zu zögern benutzt hätte, wenn die Situation eskaliert wäre.


- Das Ruhigstellen von Kindern mit Süßigkeiten
Erstaunlich wie brav die Kinder während der langen Busfahrten sind, wunderten wir uns noch zu Beginn. Relativ schnell haben wir aber den wahren Grund dafür entdeckt. Schon ab dem kleinsten Alter, bevor sie überhaupt laufen können, werden die Kinder mit Süßkram wie Lollis, Bonbons, Eis und Chips vollgestopft. Während einer 4 stündigen Fahrt gibt es tatsächlich kein Zeitfenster, in dem ein Kind gerade nichts im Mund hat. Entsprechend dick sind die Kinder meistens auch und Diabetes ist wohl ein großes Problem. Uns wundert das nicht.


- Die Kluft zwischen reich und arm
In keinem anderen Land dieser Reise ist uns der Unterschied zwischen reich und arm so stark aufgefallen wie in Kolumbien. Moderne Wolkenkratzer in Cartagena mit wunderbarem Meerblick und nur wenige Straßen weiter herrscht Elend. Aber nicht nur innerhalb einer Stadt, auch das Stadt-Land-Gefälle ist groß. Während in der Stadt teilweise mitteleuropäischer Standard herrscht, leben die Menschen auf dem Land noch wie vor 100 Jahren.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen